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Piero Fornasetti

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An einem Novembertag im Jahr 1913 erblickte Piero Fornasetti das Licht der Welt. Er war der erstgeborene Sohn einer betuchten Familie, weshalb für ihn auch allerhand Pläne geschmiedet wurden. Zahlen und Geschäftsideen bestimmten das Denken in der schnieken Villa – allerdings nur bei den Erziehungsberechtigten und keineswegs bei dem etwas mysteriösen Sprössling.  

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Fornasetti wollte, kaum dass er sein erstes Federmäppchen besaß, nichts als zeichnen. »Ich werde nie das Kribbeln vergessen,« erzählte er Jahre später, »das ich als kleiner Bub an einem See erlebt habe, als der Stift in meiner Hand erstmals die Konturen eines Körpers suchte, dann die eines Beins, dann die eines Kopfes... wie von selbst aus dem Papier emporgetaucht.«

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Und so tuschte und zeichnete er, ganz zum Ärger seiner Eltern, bis er 1930 schließlich ein Stipendium an der ›Accademia di Belle Arti di Brera erhielt. Fornasetti war gerade 17 Jahre alt und zu diesem Zeitpunkt auch weiterhin nicht bereit, sich an Anweisungen von oben zu halten. Nach zwei Jahren flog er von der Schule, was seinen Kunsthunger aber nur noch stärkte.

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Mailand – eine Heimat, die Fornasetti eher ungern verließ – war in diesen Tagen von Kultur durchtränkt. 1933 fand im Palazzo Dell 'Arte erstmals die Triennale statt, die man als eine Art miniaturisierte Weltausstellung verstehen kann. Schwerpunkte galten der Architektur, der freien Kunst und dem Produktdesign. Fornasetti wurde zu diesem Event als Aussteller zugelassen. 

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Und was er zeigte – nun, vermutlich würden Besucher auch heute noch stirnrunzelnd vor der Auslage stehen. Fornasetti hatte bemalte Seidenschals geschaffen, die Motive der Renaissance mit Elementen der Moderne kombinierten. Damals war Novecento angesagt – eine Stilrichtung, die strikte Klarheit propagierte. Paolo bediente sich hier wie dort und irritierte damit viele.

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Aber es gab einen, dem der respektlose Umgang mit der Kunstgeschichte gefiel – Gio Ponti. Kaum hatte er Fornasetti auf der Triennale entdeckt, bot die Leitfigur des italienischen Designs dem Jungspund auch schon eine Zusammenarbeit an. Viele gemeinsame Projekte wurden in den folgenden Jahren realisiert, und alle gelten bis heute als wegweisend und waghalsig schön.

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So entwarf Gio Ponti in den 50er Jahren mehrere Möbel, die Fornasetti wiederum mit seinen hintergründigen Motiven veredelte. Praktisch das gesamte Vokabular seiner Kunst hat der Meister der skurrilen Töne in dieser Zeit ausformuliert – Klampfen und Pistolen, Schmetterlinge und Eulen, Mützen und Hüte, Fische und Vögel, Montgolfieren und Ritterrüstungen, etc. 

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Vor allem aber schuf er geschätzte 350 Variationen über ein Thema – das feine Gesicht der italienischen Opernsängerin Lina Cavalieri. Er zeichnete sie entsetzt oder durchtrieben, frech oder exotisch, halb verwest oder sexy. Und mitunter wurde seine Favoritin, deren rundes Antlitz er nur zufällig in einer Illustrierten entdeckt hatte, auch zur strahlenden Mutter Sonne. 

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Objekte von Fornasetti zieren inzwischen die Museen dieser Welt. Doch ganz so gradlinig, wie sich sein Leben im Rückblick auch zeigt, verlief es nicht immer.  Ende der 70er Jahre tauchten finanzielle Nöte auf, weil das Werk des Dauer-Rebell aus dem Fokus geraten war. Er holte seinen einzigen Sohn Barnaba zur Hilfe, der das Archiv bewahrte und in den Unterlagen aufräumte. 

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1988 starb Piero und verpasste damit das gigantische Revival seiner Kunst. Barnaba hegt und pflegt die unzähligen, mitunter auch keck-obsessiven Schöpfungen seines Vaters und setzt das Werk in durchdachten Varianten fort. Zu den neuen Kreationen zählt u.a. ein Kabinett mit edlen Harlekin-Prints (natürlich basieren auf Original-Skizzen des grummelig-genialen Vaters).

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Viele Möbel und Accessoires, die zu den Elementarteilchen des Oeuvres gehören, sind auch heute noch im 1970 gegründeten Ladengeschäft der Fornasettis am Corso Venezia in Mailand erhältlich. Die Herstellung erfolgt – unter der Ägide von Barnaba Fornasetti – per Hand sowie in limitierten Auflagen. Was die kostbaren Objekte weltweit zu Sammlertrophäen macht. 

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Piero Fornasetti wird oft der surrealen Ästhetik zugeordnet. Oder als Vorreiter der Pop-Art verstanden. Wie auch immer – Renaissancen, Futurismus, Trompe-l'oeil oder metaphysische Malerei. Alles Begriffe, die für den Fusionskünstler nur sehr bedingt taugen. Fornasetti lässt sich in keine Schublade packen – es sei denn, er hätte sie selbst gebaut. Infos: fornasetti.com

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