Jan Kath
Wie immer — genial. Seit 2002 umgarnt Jan Kath die Welt mit Teppichen, so wie man sie in dieser Form noch nie gesehen hat. Manchmal fliegen Pinselstriche über den Fußboden. Dann wieder scheinen sich persische Arabesken in ein monumentales Krickelkrakel aufzulösen. Es gibt Teppiche, die wie Erdschichten anmuten. Oder solche, die an erodierende Gemäuer erinnern.
Wie auch immer. Jan Kath verblüfft — was natürlich auch für die neue Kollektion ›Common Threads‹ gelten kann. Die Vorlage für diese Serie lieferten winzige Handarbeiten, die höhere Töchter ab Mitte des 18. Jahrhunderts pflichtbewusst anzufertigen hatten. In Vorbereitung auf spätere Tätigkeiten als geschickte Hausfrauen veredelten sie kleine Stücken von Leinenstoff mit Kreuz-, Satin- oder Kettenstich. Heute werden ihre Stickmustertücher in Museen konserviert.
Denn obwohl diese Fleißarbeiten zu Abertausenden hergestellt wurden, sind sie mittlerweile praktisch alle verschwunden. Vereinzelte Stücke finden sich noch in den großen Sammlungen dieser Welt, aber auch dort werden sie selten gezeigt. Ganz einfach, weil die Stoffe doch sehr empfindlich sind. Umso feiner also, dass Jan Kath dem alten Handwerk zu neuem Leben verhilft. Er bringt dabei Stilrichtungen zusammen, deren Geschichte in zweierlei Kulturkreisen ruht.
Was europaweit vernäht wurde, übersetzt Jan Kath nämlich kurzerhand in Knüpftechnik aus dem Orient. Jedes Objekt wird handgefertigt — zumeist in familiengeführten Workshops in Nepal. Bis zu 69 Knoten können je Quadratzentimeter Teppich verarbeitet werden. Im Falle der ›Common Threads‹ gehört Wolle in Kombination mit Seide zu den glanzvollen Grundzutaten.
Aber das Unglaubliche ist dabei, wie sich die Dinge in der Transfusion verändern. Während antike Stickmustertücher kaum über das Format eines Taschentuchs hinaus kamen, gebührt ihnen nun eine raumgreifende Präsenz. Sieben Modelle umfasst die Serie, in der sich gestickte Bilder oder wahlweise fraktale ›Fingerübungen‹ widerspiegeln. Wie so oft bei Jan Kath ist es der Rückgriff auf die Historie, der klug-visionäre Einsichten ermöglicht. Eben – Carpet Couture!
Informationen: www.jan-kath.de
Erhältlich in den Stores von Jan Kath, z. B. hier: jan-kath-berlin
Mehr über die Tradition der Stickmustertücher: historischestickmuster.de
© photos: Courtesy of Jan Kath GmbH, Bochum / DE
Die Herstellung: Jan Kath, geboren 1972 in Bochum, hat selbst über lange Jahre in Nepal gearbeitet. Seine Frau stammt aus der Mongolei, wo er ebenfalls eine Zeit lang engagiert war. Faire Arbeitsverhältnisse gehören schon deshalb zu seinem Selbstverständnis. Zusammen mit der Organisation STEP setzt er sich gegen Kinderarbeit und für eine nachhaltige Nutzung der Ressourcen ein. Mit seiner Hilfe wurden Schulen aufgebaut, in denen das seltene Wissen um jahrhundertealte Knüpftechniken weitergegeben werden kann. Jan Kath verarbeitet in seinen Objekten vorzugsweise tibetanische Hochlandwolle, chinesische Seide sowie Brennnesseln aus dem Himalaya. Das hat seinen Preis. Jeder Quadratmeter Teppich liegt bei ca. 1300 Euro.