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Ross Lovegrove

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Was auch immer Ross Lovegrove anpackt: eckig, kantig oder sogar schmallippig wird es ganz bestimmt nicht. 2014 erhielt er die Anfrage, ob er zum 125-sten Jubiläum des amerikanischen Unternehmens Bernhardt Furniture Company einen Entwurf beisteuern würde. Und so widmete er sich – mit gewohnter Intensität – der fast schon legendären Historie dieser Möbelschmiede. 

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Die Geschichte beginnt um 1860, also in einer Zeit, als sich der amerikanische Traum noch zwischen Revolverhelden und dem Bau von Eisenbahnstrecken befand. Im Alter von 13 Jahren hatte J.M. Bernhardt seine beiden Eltern verloren. Er schlug sich als Landvermesser und später auch als Holzarbeiter durch – bis es ihm schließlich gelang, eine Sägemühle in North Carolina zu erwerben. Und aus diesem ersten Trumpf entwickelte er ab 1889 ein florierendes Imperium.

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Denn er erkannte schnell, dass man Rundholz nicht nur zerschneiden, sondern besser noch zusammenbauen kann. Der Bedarf an Möbeln war in diesen Tagen exorbitant. Bernhardt ließ zunächst weiße Eiche verarbeiten, weil dieses Holz regional verfügbar war. Doch schon bald transportierte er auch Möbel aus schweren, dunklen Harthölzern bis hinauf nach New York und in die neuen Siedlungsgebiete jenseits der Rocky Mountains. Eben — ein Pionier seiner Zeit. 

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Einhundertfünfundzwanzig Jahre später geht Lovegrove daran, der Firmenchronik noch ein weiteres Element hinzuzufügen. Als Reminiszenz an die historischen Wurzeln des Familien-Unternehmens entschied er sich für einen Stuhl aus Holz. »Ich habe im Laufe meiner Karriere mit so vielen Materialien und verschiedenartigen Technologien gearbeitet, aber ich habe noch nie einen Stuhl aus Holz entworfen. Das ist etwas, was ich schon lange einmal machen wollte.«

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Als Vorlage diente der ›Courthouse Chair‹, den man noch heute in vielen Hotels und etwas seltener in Gerichtsgebäuden findet. Lovegrove wollte diesen Archetyp eines amerikanischen Möbelstücks mit seiner ureigenen Typographie verbinden. Wie immer in seinem Werk ging es darum, skulpturale Linien zu kreieren, in denen eine menschliche Dimension spürbar wird.

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Deshalb entschied er sich für Walnussholz. Es ist ein Material, sagt Lovegrove, das einen besonderen Charakter und eine seltene Tiefe besitzt. In meisterlichen Arbeitsprozessen, die traditionelles Handwerk mit dem Einsatz von 7-achsigen Präzisionsmaschinen kombinieren, entstehen Stühle von einer magischen Perfektion. Feine, amorphe Linien ziehen sich von der Sitzfläche bis zu den Armlehnen. Ein Effekt, so erklärt es Ross Lovegrove, der eine komfortable Vertrautheit vermittelt. »... so als wäre dieses Möbelstück bereits seit jeher in Gebrauch.«

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Gewidmet hat Ross Lovegrove den ›Anne Chair‹ einem Mitglied der Bernhardt-Familie. 1980 entwickelte Anne Harper Bernhardt die eigenständige Marke ›Bernhardt Design‹, die heute zu den kreativen Flaggschiffen dieses nach wie vor inhabergeführten Unternehmens gehört. Mit rund 1.250 Mitarbeitern werden Privathäuser, Büros, Hotels sowie Universitäten in weiten Teilen der Welt beliefert. Zugegeben allerdings: Exporte nach Deutschland sind derzeit eher noch rar. 

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