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Lichtgestalten

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Man kann hin und her denken, wie man will — aber zum Thema ›Kronleuchter‹ fällt selbst ausgewiesenen Experten nicht allzu viel ein. Sicher: da sind die glitzernden Meisterwerke aus venezianischer Hand. Aber in der modernen Liga? Eine überraschende Menge an Nichts. Es sei denn, man lässt seinen Blick in die Niederlande schweifen. Zu dem Unternehmen ›Moooi‹. 

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Denn dort tummeln sich (neben Möbeln und ausgefallenen Accessoires) auch Leuchten, die nahezu durchgängig das Prädikat ›Meilensteine‹ verdienen. An oberster Stelle natürlich der Kronleuchter ›Dear Ingo‹ von Ron Gilad, der mit seinen Spinnenarmen auch schon die Fragen von Richard David Precht beleuchtet hat. Oder oben: ›Space Frame von Marcel Wanders

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Von Marcel Wanders stammt übrigens auch gleich das ganze Unternehmen. Im Jahr 2001 gründete er gemeinsam mit einem Partner die Marke, wobei die Aufgaben eines Kreativchefs natürlich in seinen Händen ruhen. Manche Stücke kreiert er selbst, vor allem aber kümmert er sich um die Zusammenarbeit mit jüngeren oder hoch angesehenen Designern. Ein Beispiel oben: der Kronleuchter ›Coppelia‹ von Arihiro Miyake mit 101 cm Durchmesser. Vorgelegt 2015. 

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Inspiriert von dem gleichnamigen Ballett (Coppelia oder Das Mädchen mit den Glasaugen) komponiert Miyake in streng mathematischen Zirkeln ein Lichtermeer von radikaler Eleganz. Zwei Varianten stehen zur Verfügung, 54 oder wahlweise 36 Lichter bei einem Durchmesser von 68 cm. Die LEDs sind dimmbar — was der Stahlkonstruktion nur noch mehr Poesie verleiht.

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Eher organisch kommt dagegen die Pendelleuchte ›Heracleum‹ daher. Ohnehin bekannt für scharfsinnige Gestaltungen unter realistischen Bezügen, liefert Bertjan Pot mit diesem Stück enorm grazile Verästelungen aus Nickel oder Kupfer. Der Niederländer nutzt dabei eine Technik, die von Marcel Wanders erfunden wurde — den Einsatz des sogenannten Electrosandwichs.

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Dabei wird der Strom über hauchdünne Beschichtungen auf den Metallstäben geleitet. Dies erlaubt einerseits sichere, andererseits aber gänzlich unsichtbare Vernetzungen. Im Falle der ›Heracleum‹ zerstreut sich das Licht auf tausenderlei blütenzarte Polykarbonatlinsen. Entweder in der Form eines Rings oder in Gestalt einer ›Bärenklaue (botanisch Heracleum genannt).

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Bleibt die Frage, warum so schöne Dinge ausgerechnet in Breda entstehen? Einem Städtchen, etwa 100 km jenseits von Amsterdam gelegen. Wanders erklärt das so: »Wir sagen Designern nicht, was sie tun sollen. Wir hören zu, was sie tun würden, um ihre Träume zu realisieren.« Und bei Ron Gilad, dem Meister des Surrealen, gehört dazu sicher ein Licht-umzüngelter Humor. 

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Denn einmal mehr nimmt er alltägliche Utensilien, 16 Schreibtischlampen, die sich in der Kombination zu einer höchst eigentümlichen Realität addieren. Monumental, aber zugleich komisch. Weil jede einzelne Lampe das Geschehen unter sich zu beäugen scheint. Für Marcel Wanders, in dessen Werk eben immer auch etwas Schalkhaftes sitzt, mag dies ein idealtypischer Leuchter sein: Zeitlos, durchweht vom Geist der Historie. Und trotzdem obsessiv modern. 

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